Bemannte Raumflüge

Internationale Flug-Nr. 20

Gemini 10

USA

USA
Patch Gemini 10 Gemini Programm Patch
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Start-, Bahn- und Landedaten

Startdatum:  18.07.1966
Startzeit:  22:20:26,648 UTC
Startort:  Cape Canaveral
Startrampe:  LC-19
Bahnhöhe:  159,9 - 764 km
Inklination:  28,85°
Landedatum:  21.07.1966
Landezeit:  21:07:06 UTC
Landeort:  26°44'42" N, 71°57' W

Crew auf dem Weg zum Start

Gemini 10 Crew

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alternatives Crewfoto

alternatives Crewfoto

Besatzung

Nr.   Name Vorname Position Flug-Nr. Flugdauer Erdorbits
1  Young  John Watts  Command Pilot 2 2d 22h 46m 39s  43 
2  Collins  Michael  PLT 1 2d 22h 46m 39s  43 

Sitzverteilung der Besatzung

1  Young
2  Collins
Gemini-Kapsel

Ersatz-Besatzung

Nr.   Name Vorname Position
1  Bean  Alan LaVern  Command Pilot
2  Williams  Clifton Curtis "CC"  PLT
Crew Gemini 10 (Ersatzmannschaft)

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Hardware

Trägerrakete:  Titan II GLV Nr. GT-10 (62-12565)
Raumschiff:  Gemini 10 (S/C-10 Nr. 1857)

Flugverlauf

Gemini 10 startete von Cape Canaveral. Die Wasserung erfolgte 850 km östlich von Florida im Atlantik.

Das Gemini-Raumschiff war konzipiert, um wesentliche Prozeduren für die Mondlandung mit dem nachfolgenden Raumschiff Apollo zu testen. Die konisch geformte Kapsel bestand aus zwei Hauptkomponenten, nämlich der Rückkehrkapsel (Reentry Module) und der Adapter-Sektion. Das Reentry Module wiederum gliederte sich in drei Hauptsektionen. Dies waren die Rendezvous & Recovery Section (R&R), die Reentry Control Section (RCS) und die eigentliche Mannschaftskabine (Cabine Section).
Bei den Rendezvous-Missionen enthielt das R&R das Rendezvous- und Annäherungsradar sowie die drei Halteklammern des Kopplungssystems, die in den Agena-Zielsatelliten einrasteten. Außerdem war in dieser Spitze der Gemini der Behälter für den Pilot- und Hauptfallschirm untergebracht. Zwischen R&R und der Mannschaftskabine befand sich die RCS. Darin waren Treibstoff- und Sauerstofftanks sowie die die notwendigen Ventile, Brennkammern und Triebwerksdüsen des vorderen Steuerungssystems untergebracht. Die RCS-Triebwerke wurden für Flugmanöver im Orbit und für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verwendet.
Die Mannschaftskabine verfügte über zwei unabhängige Einstiegsluken. Für jeden Astronauten war ein Schleudersitz für den Notfall vorhanden. Die Luke des Co-Piloten diente zugleich dem Ausstieg bei Außenbordmanövern. Insgesamt standen den beiden Astronauten etwa 1,6 Kubikmeter Raum zur Verfügung. Die Kabine stand unter Luftdruck und war aus Titanblech und einer äußeren Hülle aus hitzebeständigem "René41"- Metallplatten gefertigt. Am stumpfen Ende des Raumschiffs befand sich ein ablatives (abschmelzbares) Hitzeschild aus Beryllium-Material. Im Innern der Kapsel waren die Lebenserhaltungssysteme, die Kommunikationsanlage, eine autonome Energieversorgung, Anzeige- und Steuergeräte und bei den späteren Missionen ein Flugführungs-Computer untergebracht. Letztlich wurden dort auch die wissenschaftlichen Experimente gelagert. Die Landung einer Gemini-Kapsel vollzog sich so, dass in 15 km die Auswurfvorrichtung der Fallschirme gelegt wurde und anschließend der Pilotfallschirm ausgestoßen wurde. Bei einer Höhe von 6.400 m erfolgte die Öffnung der Luftventile, um einen Druckausgleich zu erreichen. Bei etwa 2.900 m wurde der Pilotfallschirm zusammen mit der R&R-Sektion abgetrennt und der Hauptfallschirm ausgestoßen.
Die Adapter-Sektion war aufgegliedert in die Retrogradesection und die Equipment Section, also den Geräteteil. In der Retrogradesection waren an einer Kreuzstruktur vier kugelförmige Feststofftriebwerke untergebracht. Sie lieferten jeweils einen Schub von 11,35 hN und dienten als Bremstriebwerke. Ebenso befanden sich dort vier Lagekontrolltriebwerke. Nach dem Abtrennen der Equipment Section und der Zündung der Bremstriebwerke wurde auch dieser Teil abgesprengt. Erst dadurch wurde der Hitzeschild freigelegt.
Die Equipment Section enthielt Treibstoff-, Sauerstoff- und Heliumhochdruckbehälter, mit denen das Lagekontroll- und Manövriertriebwerkssystem (OAMS) versorgt wurde. Zu diesem System gehörten auch sechs Triebwerke mit einem Schub von jeweils 450 N. Außerdem waren in dieser offenen Ringstruktur Batterien bzw. Brennstoffzellen, der Sauerstoffvorrat und Wasserreserven für das Kühlsystem untergebracht.
Die gesamte Adapter-Sektion war aus einer Magnesiumlegierung gefertigt und war zugleich Verbindungsteil zur Titan-Trägerrakete.
Das gesamte Gemini-Raumschiff wies eine Länge von 5,791 m auf und hatte einen maximalen Durchmesser von 3,048 m. Je nach Ausrüstung einer Mission lag die Gesamtmasse bei 3.130 bis 3.810 kg. Die Mannschaftskabine mit dem RCS und dem R&R hatte eine Länge von 4,45 m. Am stumpfen Ende hatte die Kapsel 2,30 m Durchmesser bei einer Masse von 2.030 kg). Die Adapter-Sektion hatte eine Bauhöhe von 1,34 m und eine Masse von mindestens 1.100 kg. Ihr Durchmesser betrug am oberen Ende 2,30 m und am unteren Ende 3,05 m.

Im Gegensatz zu den Mercury- und Apollo-Flügen, gab es bei Gemini keine Rettungsrakete, die beim Versagen der Titan-Rakete die Raumkapsel von der Startrakete weggerissen hätte. Die Titan-II-Rakete flog mit sogenannten hypergolen Treibstoffen, die im Falle des Versagens der Startrakete zwar zum Abbrennen, aber nicht zur Explosion neigen. Aus Gründen der Gewichtsersparnis wurden stattdessen in die Gemini-Raumschiffe Schleudersitze eingebaut. Das Verfahren wurde als "Ballute" bezeichnet. Bei einem erforderlich werdenden Ausstieg während der Startphase sollte sich das ballonähnliche Gebilde als erstes entfalten und den Flug des Astronauten stabilisieren, ehe der Fallschirm geöffnet wurde.

Das Gemini Agena Target Vehicle (GATV) war ein orbitaler Zielflugkörper, der von der NASA während des Gemini-Programmes zur Erprobung von Rendezvous-Manövern eingesetzt wurde. Das GATV bestand aus einer Agena-Oberstufe und einem Andockadapter. Die Agena-Oberstufe wurde mit einer Atlas-Rakete gestartet.

Auch bei dieser Mission sollte wieder eine Kopplung mit einem Agena-Zielsatelliten stattfinden. Ebenso stand wieder eine EVA auf dem Programm. Der Einsatz der AMU war nach den Problemen bei Gemini 9A nicht vorgesehen. Das Missionspatch wurde von Barbara Young (der damaligen Ehefrau von John Young) entworfen.
Bei der NASA wurde zeitweise diskutiert, ob man angesichts der Notlandung von Gemini 8 umfangreiche Bahnänderungen mit der Agena-Rakete wagen sollte. Der Hersteller versicherte jedoch, dass eine eventuelle Notlandung mit nur einem von vier Bremstriebwerken möglich wäre, wenn bei einem hochelliptischen Orbit die Minimalhöhe 298 km betragen würde.

Die Mission Gemini 10 begann am 18. Juli 1966 um 20:39 UTC mit dem Start des Agena-Satelliten GATV-10 (Gemini Agena Target Vehicle) durch eine Atlas-Agena-Rakete.
Um 22:20 UTC folgte das Gemini-Raumschiff mit einer Titan-Rakete. Bei Erreichen der Erdumlaufbahn war Gemini 10 noch 1.600 km von GATV-10 entfernt. Die optische Navigation durch die Astronauten schlug fehl, weil die ermittelten Werte nicht mit denen der Bodenstationen übereinstimmten.

Die Kopplung mit dem unbemannten Agena-Zielsatelliten GATV-10 gelang ohne Probleme (04:13:02 UTC), auch wenn dabei mehr Kraftstoff verbraucht wurde, als geplant. Das führte dazu, dass man auf weitere geplante An- und Abdockmanöver verzichtete. Neben weiteren Kopplungserfahrungen waren auch wissenschaftliche Experimente zwischen den beiden Raumfahrzeugen vorgesehen, die wegen des hohen Treibstoffverbrauchs ebenfalls nicht ausgeführt werden konnten.

Das Triebwerk von GATV-10 wurde gezündet und brachte Gemini 10 auf eine höhere Umlaufbahn. Es war das erste Mal in der Geschichte der bemannten Raumfahrt, dass ein Raumschiff nicht nur an einen anderen Flugkörper ankoppelte, sondern auch noch dessen Antrieb nutzte. Bei dieser Bahnänderung flogen die Astronauten mit dem Rücken zur Flugrichtung und wurden durch die Beschleunigung nach vorne in die Gurte gedrückt. Den Astronauten bot sich ein phantastischer Anblick, als die Agena zündete und brannte. Mit 764 km wurde der Höhenrekord, der bis dahin von der Besatzung von Woßchod 2 mit 475 km gehalten wurde, bei weitem überboten. John Young und Michael Collins konnten aus der erreichten Bahnhöhe die Kontraste zwischen Landmassen und Meeren deutlicher ausmachen als zuvor.

Zwei EVAs durch Michael Collins wurden unternommen: Dabei diente die sogenannte Stand-Up-EVA am 19. Juli 1966 (0h 49m) lediglich dazu, die Erde und Sterne zu fotografieren.

Nach weiteren Kurskorrekturen wurde Gemini 10 auf die gleiche Umlaufbahn wie GATV-8 gebracht, der Zielsatellit, der im März für Gemini 8 gestartet wurde. Die Batterien von GATV-8 waren leer, sodass der Radar-Responder nicht funktionierte und die Besatzung auf optische Navigation angewiesen war. Die Annäherung an GATV-8 klappte ohne Probleme. John Young steuerte Gemini 10 bis auf einen Abstand von einem Meter an das Ziel.

Die zweite EVA am 20. Juli 1966 (0h 39m) fand nach der Abkopplung des Agena Zielsatelliten um 19:00:42 UTC und der Annährung bis auf 1 m an die Agena GATV-8 (0h 49m) statt. Zunächst barg Michael Collins einen Mikrometeoriten-Detektor von der Gemini-Kapsel und verstaute diesen in der offenen Luke, allerdings schwebte er während der EVA irgendwann davon und war verloren. Als nächstes wechselte Michael Collins, verbunden mit dem Mutterschiff mittels einer "Schnur", zur Agena GATV-8. Auf dem Weg dorthin verlor er allerdings den Halt und konnte sich auch nirgends richtig festhalten. Erst unter Nutzung der Handpistole konnte er sich wieder dorthin bewegen, wo er hinwollte. Somit gelang es ihm dann auch, den Mikrometeoritendetektor von der Agena zu bergen. Diesen Detektor verlor Michael Collins nicht. Allerdings verlor er während dieser EVA seine Kamera. Die Rückkehr in das Raumschiff war nicht ganz einfach, denn Michael Collins hatte sich in der Sicherheitsleine förmlich verheddert.

Etwa 72 Minuten nach dem Ende des Außenbordeinsatzes wurde die Luke für den Abwurf der "Nabelschnur" und anderer nicht mehr benötigter EVA-Geräte nochmals kurz geöffnet. Es folgte dann eine umfangreiche Bahnänderung, die das Perigäum um 106 km herabsetzte.

Im Übrigen wurden 14 verschiedene Experimente durchgeführt. Dazu gehörten auch ein Navigationsexperiment und verschiedene Experimente zur Messung der Strahlendosis. Ebenso wurden ausgewählte Regionen der Erde fotografisch dokumentiert. Fortgeführt wurden auch bei früheren Gemini-Missionen begonnenen Aufnahmen des sogenannten Zodiakallichtes. Dabei handelt es sich um Leuchterscheinungen kurz vor Sonnenaufgang und kurz nach Sonnenuntergang.

Die Rückkehr zur Erde verlief dagegen vollkommen unproblematisch. Das Bergungsschiff war der Flugzeugträger USS Guadalcanal.

EVA-Daten

  Name Beginn Ende Dauer Mission Schleuse Anzug
SEVA Collins, Michael 19.07.1966, 21:44 UTC 19.07.1966, 22:33 UTC 0h 49m Gemini 10   G4C Nr. 36
IVA Young, John 19.07.1966, 21:44 UTC 19.07.1966, 22:33 UTC 0h 49m Gemini 10   G4C Nr. 19
 
EVA Collins, Michael 20.07.1966, 23:01 UTC 20.07.1966, 23:40 UTC 0h 39m Gemini 10   G4C Nr. 36
IVA Young, John 20.07.1966, 23:01 UTC 20.07.1966, 23:40 UTC 0h 39m Gemini 10   G4C Nr. 19
 
IVA Collins, Michael 21.07.1966, 00:53 UTC 21.07.1966, 00:54 UTC 0h 01m Gemini 10   G4C Nr. 36
IVA Young, John 21.07.1966, 00:53 UTC 21.07.1966, 00:54 UTC 0h 01m Gemini 10   G4C Nr. 19
 

Fotos / Grafiken

Raumschiff Gemini Gemini im Orbit
Raumschiff Gemini
Raumschiff Gemini Gemini Instrumentenpult
Mannschaftstraining Mannschaftstraining
Gemini 10 auf dem Weg zur Startrampe Start Gemini 10
Start Gemini 10 GATV-10
Gemini 10 mit Agena Maldiven
Erdbeobachtung Erdbeobachtung
Erdbeobachtung Erdbeobachtung
Erdbeobachtung Erdbeobachtung
Collins an Bord von Gemini 10 Landung Gemini 10
Bergung Gemini 10  

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Letztes Update am 11. August 2020.

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