STS-36 startete von Cape Canaveral (
KSC). Die
Landung erfolgte auf der Edwards
AFB, Runway 23.
Da sich die amerikanischen
Teilstreitkräfte trotz häufiger Verzögerungen zeitweise ganz auf
das Space Shuttle für den Transport ihrer Satelliten und andere Aufgaben
verlassen hatten, entstand mit der
Explosion der
Challenger im Januar 1986 ein erhebliches Problem. Die USA verfügten
kaum noch über konventionelle Trägerraketen insbesondere für den
Transport von Nachrichtensatelliten in den geostationären Orbit. Die Lage
verschärfte sich noch durch die Fehlstarts von zwei Trägerraketen vom
Typ Titan 34D, die militärische Nutzlasten an Bord hatten. Darüber
hinaus war ein Aufklärungssatellit vom Ausfall bedroht. Die USA drohten im
Weltraum zu "erblinden". Als die Wiederaufnahme der Shuttle-Flüge
näher rückte, bestanden die Militärs darauf, dass gleich zu
Beginn der Post-Challenger-Ära mehrere Missionen unter strengster
Geheimhaltung ablaufen müssten, weil ansonsten die militärische
Sicherheit der USA nicht zu gewährleisten sei.
Der Start von
STS-36 hatte sich allein schon deshalb verzögert,
weil die vorhergehende
LDEF-Bergungsmission
STS-32 sich um drei Wochen verschoben
hatte. Statt des 01. Februar 1990 strebte die
NASA nunmehr den 16. Februar 1990 als Starttermin an.
Wegen unbestätigten Problemen mit der Nutzlast erfolgte zunächst eine
Verschiebung auf den 22. Februar 1990. Dann aber wurde der Start zunächst
dreimal wegen Halsschmerzen bzw. Erkältung des Kommandanten John
Creighton verschoben. Zuletzt war
Apollo 13 von der Erkrankung eines
Crewmitgliedes betroffen. Damals gab es aber noch Ersatzmannschaften, auf die
zurückgegriffen werden konnte, sodass
Apollo 13 pünktlich starten
konnte. Da sich zusätzlich noch eine Schlechtwetterfront dem Startplatz
näherte, hätte
STS-36 auch ohne die Erkrankung des Kommandanten nicht
abheben können. Beim nächsten Startversuch am 25. Februar 1990
versagte ein Ersatzcomputer, der für die radarmäßige
Bahnverfolgung während des Aufstiegs zuständig ist. Die Techniker
fanden zwar den Fehler schnell, aber am 26. Februar 1990 verhinderten starke
Winde und eine tiefe Wolkendecke den Start. Erst im sechsten Anlauf erreichte
STS-36 den Orbit.
Wesentliche Missionsaufgabe
war das Aussetzen eines
militärischen Aufklärungssatelliten.
Daneben standen noch verschiedene sekundäre militärische Experimente
auf dem Flugplan. Da der gesamte Flug einschließlich des
Sprechfunkverkehrs der Geheimhaltung unterlag, wurden im Vorfeld nur wenige
Einzelheiten bekannt. Erst nach Beendigung der Mission gelangten weitergehende
Informationen an die Öffentlichkeit. Sogar die genaue Startzeit wurde erst
neun Minuten vor dem Abheben veröffentlicht.
Achteinhalb Minuten
nach dem Start erreichte die Discovery die Erdumlaufbahn und öffnete die
Frachtraumtüren. Dies geschieht üblicherweise nach 90 Minuten
Flugzeit und verhindert die Überhitzung des Orbiters. Der Orbiter flog in
einer um 62 Grad gegenüber dem Erdäquator geneigten Umlaufbahn. Bis
dahin hatte es geheißen, dass nicht mehr als 57 Grad von Cape Canaveral
aus erreichbar seien.
Am zweiten Flugtag setzte die Mannschaft ihre
Hauptnutzlast aus. Dabei handelte es sich um einen Aufklärungssatelliten
mit der Bezeichnung
AFP-731. Der 16,9 Tonnen schwere Raumflugkörper
war eigentlich ein sogenannter "Keyhole-Satellit" (KH-12). Seine Aufgabe sollte
Bildaufklärung mit hochauflösenden Fotos im sichtbaren Bereich und im
Infrarot-Spektrum sein. Ebenso sollte der militärische und diplomatische
Funkverkehr im Zielgebiet abgehört werden. Durch ein digitales System
wurden die gewonnenen Fotodaten mit im Computer gespeicherten Aufnahmen
verglichen und so dreidimensionale Bilder gewonnen. Das Empfängersystem
war in der Lage, auf verschiedenen Frequenzbereichen sowohl Telefonate als auch
Video-Übertragungen zu verfolgen. Potentielles Ziel waren die
nördlichen Regionen der UdSSR mit den dortigen U-Boot-Häfen und den
Silos für Langstreckenraketen. Geplant war, den Aufklärungssatelliten
etwa eine Woche nach dem Aussetzen mit den bordeigenen Triebwerken auf eine
höhere Umlaufbahn zu befördern. Dies ist aber offenbar nicht
gelungen. Nur wenige Wochen später zerbrach der Raumflugkörper - vom
amerikanischen Verteidigungsministerium immer nur "Hardware"
genannt.
AFP-731 gelangte mit dem neuen "Stabilized Payload Deploy System"
(SPDS) auf seine Umlaufbahn. Bei diesem Verfahren wird die Nutzlast aus der
Ladebucht der Raumfähre herausgerollt und nicht mehr - wie bisher -
katapultiert. Die Konstruktion besteht aus zwei Drehgelenken, die von
Elektromotoren angetrieben werden. Mit SPDS könnten Raumflugkörper
mit fast 23 Tonnen Masse auf eine Umlaufbahn ausgesetzt
werden.
Während der verbleibenden Flugtage widmete sich die
Besatzung den sekundären Experimenten, die aber auch der Geheimhaltung
unterlagen. Wie bereits bei
STS-28 flog
wieder der menschliche Schädel mit. Er stammte von einem anonymen Spender.
Für den Versuch war er mit 100 Strahlendetektoren versehen worden. Mit
ihnen sollte die Strahlenmenge gemessen werden, der ein menschlicher Kopf
während eines Raumfluges ausgesetzt ist. Hierbei war besonders die
Strahlenbelastung bei hochgeneigten Umlaufbahnen von 57 bzw. 62 Grad
interessant.
Nach der Landung wurden 62 Risse in den Kacheln
gezählt, jedoch musste laut den Ingenieuren nur eine Kachel ersetzt
werden. Bremsen und Bereifungen hatten standgehalten, es wurden aber Tropfen
der Hydraulikflüssigkeit im rechten Hauptlandungsradschacht und an zwei
der Haupttriebwerke festgestellt. Das war nach dem Brand im Heck der Columbia
bei
STS-9 und dem geplatzten Reifen der
Discovery bei
STS-41D der dritte
schwerwiegende Defekt auf technischem Gebiet mit direktem Bezug zur
Landung.